„Der Runde muss ins Eckige!“

Torwart
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Warum die Dicken immer ins Tor müssen...

Fastenaktion
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Fußball war schon immer meine Leidenschaft. Schokolade auch. Deshalb stand ich als Schüler regelmäßig im Tor. Ein legendärer Dialog zwischen Hans „Buffy“ Ettmayer, der 1974 beim VFB Stuttgart wegen seiner Leibesfülle zum Publikumsliebling wurde, und seinem Trainer Albert Sing, gab mir damals immer Trost:
„Buffy, du spielst nicht. Du bist zu dick!“ –
„Ich war schon immer so!“ –
„Es gibt Bilder von dir, da warst du dünner“ –
„Die sind wahrscheinlich mit einer Schmalfilm-Kamera gemacht.“


Mein Bauchumfang deckte relativ viel vom sieben Meter und 32 Zentimeter breiten Tor ab. Kleinfeldtore gab es in meiner Kindheit nicht. Gott sei Dank! Denn im Kleinfeldtor sind Dicke noch fülliger.
Warum Fußballer wie ich ins Tor müssen? Weil wir mit unserer Wampe leuchten und Bälle magisch anziehen. Wir werden unterschätzt. Wenn der Stürmer auf uns zuläuft, stehen wir pfundigen Kerle im Weg, gemäß dem Bibelwort: „Am Ende aber wird der Berg, darauf des Herren Haus ist, fest stehen, höher als alle Berge und über alle Hügel erhaben.“ (Micha 4,1). Meine Reflexe waren grandios, meine Sprungkraft grauenhaft.
Schon bald nannten sie mich die „Katze“. Vielleicht dachten sie an die Comicfigur Garfield. Mir egal. Ich fühlte mich eher wir der kleine dicke Diego Maradona, nur mit Torwart-Handschuhen.
Am Ende wurden wir Kreisliga-Meister. Im entscheidenden Spiel brachte der Gegner das Runde nicht ins Eckige, obwohl vor meinem Tor mehrmals dicke Luft herrschte. Mein Mitspieler stellten mich ins Licht, wussten, dass meine Leistung mitentscheidend für den Titel war. Nur die Trainer der Auswahlmannschaft, die wieder einmal Spieler mit passenden Standard-Maßen suchten, urteilten anders: „Der Runde passt nicht in unser Eckiges…“ Dafür haben sie 2019 meinen Sohn Elias als Torhüter in die Regionalauswahl berufen. Leider war er dann zu klein, um ins Auswahl-Schema zu passen.   
Na und? Kameradschaft, Geselligkeit und der wertschätzende Umgang in der Mannschaft sind meinem Sohn heute und waren mir damals genug. Ich spielte bis zur A-Jugend im Tor. Und als sie wussten, dass ich Theologie studieren werde, nannten sie mich die „Faust Gottes“. Lasst euch als Dicke die Freude am Sport nicht vermiesen. Und denkt immer daran: Im Fußball ist Gott bekanntlich auch rund... 

Autor: Pfarrer Thomas Klenner, Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Dekanat Landshut


Hinweis:
Das Bild (von Thomas Schneider) zeigt meinen Sohn Elias Klenner, der in der Regionalauswahl Ostbayern von 2019 bis 2021 im Tor stand.